Eine Idee Zum Jahreswechsel 20222/23 hatte ich eine Idee: Schluss mit dem kleinteiligen Einsatz für Nachhaltigkeit (Umweltkabarett, Müllvermeidung, keine Flüge etc…). Viel sinnvoller wäre es doch, mich in einer Umweltschutzorganisation zu engagieren. Denn wenn wir wollen, dass Menschen ihr Verhalten ändern, dann sollte die umweltfreundliche Verhaltensalternative bequemer, günstiger, angesagter sein als die bisherige Gewohnheit - und dafür muss sich was an den Rahmenbedingungen ändern! ADFC Meine Wahl fiel auf den ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), der Interessensvertretung der hiesigen Radfahrer. Schon weil ich fast alle Wege in Hamburg per Bike zurücklege, und es meiner Meinung nach das coolste Verkehrsmittel überhaupt ist - umweltfreundlich, günstig, gesundheitsfördernd, glücklich machend. Meine Überlegung: Woran es dem ADFC mangelt, ist eine angemessen hohe Mitgliederzahl (in Hamburg grad mal ca. 9000. Zum Vergleich: Der ADAC hat hier schätzungsweise 400.000). Dabei würden mehr Mitglieder viele Probleme lösen: Mehr Einfluss auf die politisch Verantwortlichen, mehr Mitgliedsbeiträge, mehr Ehrenamtliche, dadurch mehr Präsenz in der Öffentlichkeit… Mitmachen Also rief ich kurz nach Neujahr in der Geschäftsstelle an und bot an, ein Mitgliederwerbungs-Team auf die Beine zu stellen. Die Antwort war, man bespreche das zeitnah und melde sich dann bei  mir. Mitte April (!) hakte ich vorsichtshalber noch mal nach. „Oh, das ist leider untergegangen“ bekam ich als Antwort. Vielleicht war das schon ein Warnzeichen - aber ich hielt es noch für ein einmaliges Versehen. Tatsächlich kam dann ein bisschen was in Bewegung. Ich besprach mich mit der Geschäftsführerin, und wir überlegten uns in Grundzügen, wie als erster Schritt ein Team gefunden werden könnte, das sich mit mir zusammen um die Mitgliederwerbung kümmert. Plan: Eine ganzseitige Anzeige in der RadCity bringen, der Zeitschrift des ADFC-Hamburg. Und dann, als Verstärkung des Effekts, 14 Tage später auch noch über die zwei Hamburger Email-Newslettern zu einem ersten Treffen aller Interessierten einzuladen. Wirbeln! Also schloss ich mich mit dem Chefredakteur und dem Grafiker kurz, machte ein Foto und einen Entwurf. Mein Ziel: Leute zu finden, die mal ein bisschen andere Wege in der Mitgliederwerbung gehen wollen. Gerade um auch jüngere Menschen anzusprechen, die dem ADFC so dringend fehlen. Erste Hiobsbotschaften Doch dann kam plötzlich die Nachricht: Der Vereinsvorstand (Vorstand? Was für ein Vorstand? Der spielt auch eine Rolle?) hat die Größe der Anzeige auf eine Viertelseite beschränkt, weil die Einnahmen aus dem Anzeigenverkauf zu wichtig wären, als dass man den Platz, den eine ganzseitige Anzeige einnehmen würde, erübrigen könne. Da die RadCity eh schon breite Seitenränder hat, wäre das Format der Anzeige dann nicht mal DIN A6 gewesen. Im Endeffekt einigten wir uns auf eine halbe Seite, die dann auch Anfang September erschien (allerdings auf einer Seite mit diversen anderen Anzeigen - also, ich als Leser hätte die sofort überschlagen). Und wie das oft so ist, musste das Design dann irgendwie zur Corporate Identity des ADFC passen - und wurde dadurch (meiner Meinung nach) ein bisschen unspannend. Lag es an Aufmachung und Inhalt, die an der Zielgruppe vorbei gingen? Am Halbseiten-Format? Oder daran, dass die ADFC-Mitglieder keine Zeit/Lust haben, in einem Mitgliederwerbungs-Team mitzuarbeiten? Jedenfalls gab es danach nur eine einzige Rückmeldung auf die Anzeige (ein älterer Herr, der angesichts der AC/DC-Frakturschrift empört fragte, ob der ADFC jetzt rechtsradikale Inhalte verbreite?). Es wird noch haariger Die Geschäftsführerin war mittlerweile zeitlich so eingespannt, dass mir ein anderer Mitarbeiter zugeteilt wurde. Und ich war entsetzt: Meine Entwürfe für die Email-Einladung und eine Mitgliederwerbungs-Seite auf der Homepage waren offenbar in höchster Eile überarbeitet worden. In den veränderten Teilen wimmelte es plötzlich vor Rechtschreibfehlern, angefangenen Sätzen ohne Ende und stilistischen Dopplungen (so wie auch in der Anzeige plötzlich aus dem Mitgliederwerbungs-Team eines ohne „s“ geworden war). Da war mir klar: Wenn schon der mir zugeordnete Mitarbeiter meint, unbedingt meine Entwürfe bearbeiten zu müssen, aber gar keine Kapazitäten für ausreichend Sorgfalt hat, dann ergibt auch eine Einladung keinen Sinn. Also blies ich die ab. Und bestand darauf, dass es, bevor ich mich weiter engagiere, erst mal ein klärendes Gespräch geben müsse. Um aufzuarbeiten, was bisher alles schief gelaufen ist. Das fand dann auch (mit dem besagten Mitarbeiter) statt. Der mich, nach der Begrüßung, ungelogen erst mal 20 Minuten lang ohne Punkt und Komma zutextete, warum es so schwierig sei, im ADFC was zu bewegen. Nach wenigen Worten meinerseits nahm ich immerhin als Anregung mit, erst mal die Strukturen des ADFC und seine Mitglieder besser kennen zu lernen, bestenfalls Netzwerke zu knüpfen, um dann einen konkreteren Ansatzpunkt zu haben. Neuer Anlauf Gelegenheit bot die Jahreshauptversammlung Mitte November. Bin ich also hin - und war eigentlich ganz angetan. Zwar erschloss sich mir nicht, warum angesichts eines 37.000 Euro Jahresüberschusses so ein Theater um die Größe der Anzeige gemacht worden war (das zeigt für mich schon auch, wie hoch das Thema Mitgliederwerbung priorisiert wird). Aber immerhinwaren zwei von den Anwesenden hinterher interessiert, bei der Mitgliederwerbung mitzuwirken. Also schrieb ich, mit neuem Elan, gleich darauf alle Hamburger Ortsgruppen an. Plus die Arbeitsgruppen, die bei ihren Aktivitäten Kontakt zu Nicht-ADFC-Mitgliedern haben. Um mal konkret zu fragen, was die sich an Werbeinfrastruktur wünschen. Außerdem ging eine Mail an die Webadministratoren, weil ich gern wissen wollte, ob es die Möglichkeit gäbe, eine Seite auf der Homepage einzurichten, auf denen Interessenten sofort die Vorteile einer ADFC-Mitgliedschaft in ansprechender Weise präsentiert bekommen (und weil mir auf der Homepage diverse Rechtschreibfehler ausgefallen waren). Ach ja, und noch eine Mail an den Schüler-Aushilfsmitarbeiter, mit dem ich lang geschnackt hatte, weil der meinte, es gäbe für seine Social-Media-Posts kein gemafreies Musikmaterial (mit dem Angebot, ihm solches zu erstellen). Antwort auf all diese Mails: Eine einzige Rückmeldung (von einem Mitglied aus dem Fahrrad-Codierteam, das schon bei der Jahreshauptversammlung Interesse an meiner Idee gezeigt hatte). Kapitulation Ich geb´s auf. Vielleicht bin ich durch meine berufliche Selbstständigkeit zu sehr daran gewöhnt, dass Engagement zeitnah Resultate zeigt. Ich wollte doch gern von dem Klein-Klein wegkommen und etwas größere Räder drehen. Dafür erst mal mühselig und kleinteilig die Strukturen des ADFC verändern zu müssen, möchte ich mir nicht zumuten. Gerade wenn ich merke, dass Mitgliederwerbung überhaupt keine Priorität eingeräumt wird. Es sind wirklich liebe und nette Personen beim ADFC engagiert, ehren- und hauptamtlich. Und es ist auch ein super wichtiger Verein (werde Mitglied!), in dem alle für die gute Sache tun, was sie können. Aber deren Arbeitsweise kommt mir manchmal ein bisschen so vor wie in einem Satz von meinem Ausbildungsmeister beschrieben: "Ich bin so in Eile - keine Zeit, die Axt zu schärfen. Muss doch noch einen ganzen Wald fällen." Insofern muss mir leider eingestehen, dass ich mit meiner Erwartung, wie Zusammenarbeit ablaufen sollte, da nicht wirklich rein passe. Soll heißen, auch wenn ich ziemlich hartnäckig sein kann, wenn ich was erreichen möchte: Hier erscheint mir ein weiteres Engagement wie das Anrennen von Don Quichote gegen Windmühlen.  Das hat mich bis jetzt schon einige Nerven gekostet, und würde mich auf Dauer zu sehr frustrieren. Trauernden Herzens muss ich einsehen, dass mein Plan gescheitert ist. Mir fehlt auch grad die Zuversicht, dass es in anderen Organisationen besser läuft (falls du anderes weißt: Sag mir bitte Bescheid). Also ist der Plan mit den Strukturveränderungen erst mal auf Eis gelegt...